In diesem ersten Teil unserer Serie zum Veränderungs-Management lesen Sie, was das besondere an Veränderungs-Management für Organisationen in Zeiten digitaler Transformation ist. Lernen Sie sechs Schritte, um Veränderung zu erreichen und drei gängige Fehlern, die es zu vermeiden gilt, kennen.
Langsam kommen die meisten Firmen aus dem Zustand der Verleugnung raus und stellen sich den Herausforderungen der digitalen Transformation. Sie gehen die ersten Schritte in Richtung mehr Agilität. Aber viel Bewegung lässt sich noch nicht feststellen.
Einer Organisation Agilität einzuhauchen ist ein komplexes Unterfangen, das Ansatzpunkte auf verschiedenen Ebenen beinhaltet. Wir sprechen von Veränderungs-Management. Klassisches Change Management arbeitet allerdings in der Regel mit einer IST- und einer SOLL-Situation. Hieraus werden Ziele abgeleitet, die Anpassungen vorgenommen und überwacht, bis die Organisation dem definierten Zielbild entspricht. Ende der Geschichte. Zumindest bis neue Herausforderungen eine
Es geht nicht um Veränderung, es geht um das Überleben natürlicher Selektion
Wenn wir nun eine Organisation in eine agile Organisation verwandeln wollen, müssen wir anders vorgehen. Statt dass wir uns auf die Zielsituation oder -struktur fokussieren (diese kennen wir nicht!), betrachten wir die Organisation als lebenden Organismus, der dem Druck der Evolution, der Bedrohung natürlicher Selektion ausgesetzt ist und nun lernen muss, sich anzupassen.
Was also setzen wir uns als Ziel? Die Antwort ist simpel: anpassungsfähig zu werden. Alles, was eine Organisation tun muss, um zu überleben, ist sich anzupassen. Um darüber hinaus erfolgreich zu sein, ist eine weitere Komponente genauso relevant: Eine Organisation muss proaktiv sein. Und hier ist auch schon unsere Definition von Agilität. Agil zu sein heißt, anpassungsfähig und proaktiv zu sein und zu bleiben. Ständig nach Möglichkeiten Ausschau halten und sich an Herausforderungen anzupassen, die die Umwelt/ die Konkurrenz einem vor die Füße wirft oder die man sich selbst sucht, um voran zu kommen.
Sechs Schritte, um die Organisation zu verändern
Eine erfolgreiche Veränderung braucht diese sechs Schritte:
1. Finden Sie Ihre Zweckbestimmung, das “Warum” und definieren Sie eine starke Vision – Schauen Sie nach vorne mit Zuversicht.
2. Passen Sie die Strategie und das Belohnungssystem des Unternehmens an – setzen Sie die richtigen Prioritäten und bringen Sie Anstrengungen und Initiativen in Einklang.
3. Passen Sie Werte und die Kultur an, es braucht die richtige Mentalität, das „Look and Feel“.
4. Verändern Sie die Führungskräfte, es braucht durchgehend agile Führung
5. Beziehen Sie Mitarbeiter ein, sie sind generell offen und neugierig. Nutzen Sie das disruptive Potenzial.
6. Bestimmen Sie notwendige Kompetenzen und bauen Sie sie auf, jeder muss wissen, was zu lernen ist und wie.
Drei häufige Fehler, die es zu vermeiden gilt
In Veränderungsprozessen, die ins Stocken geraten oder scheitern, begegnen uns am häufigsten diese drei Fehler:
1. “Oben anfangen und aufhören”
2. “Radikale Veränderung”
3. Unterschätzen des “Kleinkrams”
Der erste häufige Fehler ist “Oben anfangen und aufhören”. Manche Führungskräfte glauben eine klare Strategie und das Commitment der oberen Führungsebenen sei alles, was es braucht. Ein paar agile Köpfe an der Spitze. Diese Aspekte sind zweifelsfrei wichtig und machen Eindruck – effektive Veränderung wird dadurch allerdings nicht bewirkt. Diese Lösung führt wahrscheinlich zu den richtigen Ideen und einige Begeisterung im Unternehmen, aber der unveränderte Organismus der Organisation kann diese nicht verdauen und die erwarteten Resultate bleiben aus.
Der zweite Fehler scheint im Zuge der digitalen Transformation noch populärer zu werden.Wenn eine Organisation zu einer agilen Arbeitsweise wechselt, passieren unzählige Veränderungen auf einmal. Um ein paar zu nennen, die Struktur ändert sich, Produkte und Dienstleistungen werden angepasst oder ausgetauscht, neue Geschäftsbereiche und Märkte werden in Betracht gezogen.
Einige Führungskräfte sehen so viel Potenzial in der Zukunft und haben solch eine starke Vision von der Zukunft, dass ein im Wesentlichen komplett neuer Start als bester Ansatz erscheint. Bestehende Strukturen etc. werden niedergerissen und neue gebaut. Solche Entscheidungen werden oft isoliert getroffen und dann wie eine Bombe auf die Organisation geworfen. Dies sieht zwar aus wie Disruption in ihrer Hochform, wir wissen aber, dass Veränderung schrittweise passieren muss, einbeziehend und ganzheitlich.
Das größte Problem ist jedoch das enorme Potenzial, das verschwendet wird, wenn die Geschichte und Evolution der Firma sowie bisherige Erfolge und Stärken ignoriert werden. Dabei sprechen wir nicht nur von der herabwürdigenden und ausgrenzenden Wirkung auf Mitarbeiter. Es geht auch um das Kapital und das Potenzial, dass auf diese Weise ungenutzt bleibt. Das radikale Ersetzen bestehender Strukturen schließt einen wertschätzenden und lernenden Ansatz aus. Radikale Veränderung ist nicht das Ziel. Ziel ist agil zu werden, anpassungsfähig und proaktiv im Verändern. Statt das Alte zu ersetzen, kann es mobilisiert werden, um voran zu kommen und sich selbst zu übertreffen. So wird Dynamik gewonnen.
Es überrascht vielleicht, dass der dritte folgenreiche Fehler „Kleinkram“ betrifft. In diese Kategorie fallen Veränderungen, die viele betreffen, aber beim Blick auf das Ganze weniger wichtig erscheinen. Beispiele sind das Abflachen der Hierarchie, welches für einige Führungskräfte keine oder eine geringere Führungsspanne bedeutet. Die Verkürzung von Genehmigungsketten, welches für manche einen Kontrollverlust darstellt. Das „Empowerment“ von Teams, ein Machtverlust der Führung. Solche Veränderungen passieren nur dann ohne Kollateralschaden, wenn die Führungskräfte miteinbezogen werden und zusammen motivierende Alternativen zu Status und Macht gefunden werden.
Eine andere „Kleinkramveränderung“ ist der Umzug von Einzelbüros in ein Großraumdesign. Gerade hier wird der enorme Effekt leicht übersehen. Das Öffnen von Arbeitsbereichen ist ein so tolles Symbol für eine fluide, offene und transparente Arbeitsweise. Der Prozess bietet zudem sehr gute Möglichkeiten zum motivierenden Einbezug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter . Leider verpassen die meisten Unternehmen die Chance, eine symbolische Veränderung wie diese in den Veränderungsprozess sinnvoll zu integrieren. Hier achtsam zu handeln hilft, Energie zu mobilisieren und „Commitment“ zu gewinnen.
Sich der Herausforderung einer Veränderung zu stellen, ist nicht einfach. Und mehr Firmen als bisher sind in dieser Situation.